Raphael Ineichen 03.07.2020
Die Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern ist zu einer anspruchsvollen Disziplin geworden, daran hat auch Covid-19 in vielen Branchen wenig verändert. Der Fachkräftemangel mag einer der Treiber dieser Entwicklung sein. Aber wissen Sie was? Es sitzen alle im selben Boot und Ihre Mitbewerber sind in gleichem Masse betroffen wie Ihr Unternehmen. Die gute Nachricht? Sie haben es selber in der Hand den Unterschied zu machen. Als attraktiver Arbeitgeber haben Sie trotz hartem Wettbewerb gute Chancen, die besten Talente für Ihr Unternehmen zu gewinnen.
Qualifizierten Kandidaten mangelt es nicht an Arbeitsmöglichkeiten. In vielerlei Hinsicht ähneln sie potenziellen Kunden mit Kaufkraft und vielen Optionen. Diese Konsumenten sind nicht nur auf der Suche nach einem Produkt oder einer Arbeitsstelle, sie suchen als Kandidat auch nach einer positiven Erfahrung. Im Kontext der Suche nach der nächsten Herausforderung ist dies auch unter dem Begriff “Candidate Experience” bekannt. Damit Unternehmen gesuchten Talenten diese spannende Reise von der Quelle bis zur Einstellung bieten können, müssen sie wie Marketer denken und sich wie Marketer verhalten. Das Recruiting wäre daher organisatorisch auch besser beim Marketing angesiedelt, aber das ist eine andere Geschichte.
Unternehmen, die eine überzeugende Candidate Experience bieten - eine, in der auch die Zeit eines Kandidaten geschätzt wird und Bedürfnisse transparent angesprochen werden - stärken nicht nur Ihre Rekrutierung, sondern auch ihre Reputation. Leider erlebt immer noch eine Mehrheit der Stellensuchenden die Jobsuche als nervenaufreibendes und negativ behaftetes Erlebnis. Ein Erlebnis über das sie in ihrem Umfeld ungeschminkt berichten, oder auch auf Kununu & Co. Untersuchungen zeigen zudem, dass fast 50% der Kandidaten ein Unternehmen nicht unterstützen oder ihre Produkte nicht empfehlen, wenn sie während des Rekrutierungsprozesses negative Erfahrungen gemacht haben.
Eine schlechte Candidate Experience birgt somit drei potenzielle Gefahren für Ihr Unternehmen: Verlust der Talente, die es für den Erfolg benötigt, Verlust der Glaubwürdigkeit und mögliche Umsatzeinbussen. Aber wir wollen mal nicht den Teufel an die Wand malen, denn das alles lässt sich mit der richtigen Strategie lösen.
Der Wettbewerb um die wenigen Fachkräfte ist je nach Branche sehr stark.
Umso wichtiger ist es - gerade wenn Sie nicht die Bekanntheit eines Grossunternehmens geniessen - sich von der Masse abzuheben. Dazu gehört zunächst mal eine gute Arbeitgeberpositionierung. Durch einen positiven, überraschenden Eindruck auf Ihrer Karrierewebseite holen Sie schon mal erste Punkte. Überzeugen Sie durch relevante Informationen über Ihr Unternehmen und einen schlanken aber professionellen Bewerbungsprozess. Das sind die wichtigsten Faktoren:
Jedes Startup macht sich Gedanken über das Potenzial des Marktes, in welches es eintreten will (total addressable market). Haben Sie sich diese Gedanken auch schon mal im Kontext des Talentmarktes gemacht? Viele Unternehmen erachten es als gegeben, nur den Teil des Talentmarktes zu adressieren, der gerade jetzt zufällig eine neue Herausforderung sucht. Dadurch limitieren sich Unternehmen auf +/- 10% der Gesamtmenge der Talente, welche aktiv einen Job suchen und sich auf Stellenausschreibungen bewerben. Die wirklichen Perlen liegen aber oft tiefer verborgen. Denken Sie deshalb grösser! Versuchen Sie die für Ihr Unternehmen relevanten Berufsgruppen möglichst flächendeckend zu erschliessen.
Die beschriebenen Massnahmen sind natürlich nicht nebenbei machbar und erfordern entsprechende Ressourcen. Der Aufbau eines internen Teams kann ab einer gewissen Unternehmensgrösse Sinn machen (+/- ab 200 Mitarbeitern). Für kleinere Unternehmen ist das Outsourcing gewisser Aufgaben wesentlich attraktiver. Es geht also nicht um die Frage ob, sondern höchsten wie. Denn Investitionen in ein professionelles Recruiting lohnen sich alleweil. Warum?
Der Krieg um Talente ist längst im Gange und es ist anzunehmen, dass sich dieser noch zuspitzen wird. Eines ist jedoch sicher: Unternehmen, welche es schaffen, Fachkräfte effektiv anziehen, auswählen und einstellen zu können, werden zweifellos bessere Karte haben, als diejenigen, denen dies nicht gelingt. Sorgen Sie dafür, dass Sie zu ersteren gehören!
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